The Pioneer - das Cape Epic von Neuseeland mit einem Team von Velo Reichmuth
Jedes Jahr finden im Mountainbikesport drei Mehretappenrennen weltweit statt, welche zur legendären Cape Epic Serie gehören. Nebst der Swiss Epic und der Cape Epic in Südafrika, findet eine weitere Austragung in Neuseeland statt. Die diesjährige neuseeländische Veranstaltung „The Pioneer“ wurde auf der Südinsel in der Region rund um Queenstown ausgetragen. Dabei vertraten auch zwei Fahrer die Farben von Velo Reichmuth, nämlich Peter Meier aus Einsiedeln und Sebastian Kälin aus Schindellegi. Sie nahmen die Challenge in Angriff und machten sich mit Bike, Sack und Pack nach Richtung Neuseeland auf.
Bewusst wurde die Anreise zwei Wochen vor Rennstart gelegt, damit genügend Zeit für die Aklimatisierung und für das Angewöhnen auf neuseeländische Bikestrecken bleibt. Denn das Terrain unterscheidet sich vom europäischen recht stark. Die Aufstiege sind häufig steil und verlaufen auf ruppigen Farmtracks, grobem Schotter oder auf Biketrails. Es erfordert sehr viel Kraft und Ausdauer, um die Aufstiege zu erklimmen. Schnell einmal war den beiden klar, dass auch das Wetter viel Einfluss auf das Renngeschehen haben wird. Für neuseeländische Verhältnisse sind Windverhältnisse mit 60 bis 80 km/h an der Tagesordnung. Entsprechend hart kann es sein, dem Gegenwind ausgesetzt zu sein, was zusätzlich Kraft kostet.
Die Rennserie, welche als Zweierteam absolviert werden muss, startete am 1. Dezember mit einem Zeitfahren über 28 km und 800 Höhenmeter. Der Prolog hatte es schon in sich, viele technische Passagen und kurze aber sehr harte Aufstiege waren zu meistern abgerundet mit einem knackigen Schlussanstieg. Die beiden Mountainbiker fanden sich gut zurecht und konnten sich auf Platz 22 einreihen. Dies bedeutete, dass man weit vorne im Feld direkt hinter der Elite starten konnte.
Es folgten fünf Tagesetappen, welche von Queenstown nach Arrowtown, nach Alexandra und via Banockburn wieder zurück nach Queenstown führten. Insgesamt waren harte 12‘400 Höhenmeter und 433 Km zu absolvieren. Die Wettervorhersagen sahen leider für die Renntage sehr schlecht aus, es wurde mit viel Regen und kühlen Temperaturen gerechnet. Leider erlebte die Südinsel über die Rennwoche hinweg unwetterartige Niederschläge, welche zu vielen Überschwemmungen führten. Auch die Temperaturen waren für die Jahreszeit viel zu tief, man fuhr häufig knapp unterhalb der Schneegrenze. Wie kühl auch die Nächte sein konnten, spürte man frühmorgens jeweils beim Start sehr deutlich. Bei Rennbeginn konnte es gut und gerne vier Grad kalt sein. Es war eindrücklich, wie hart die Neuseeländer im Nehmen sind! Kaum ein neuseeländischer Fahrer hielt es für nötig, lange Bike Bekleidung zu tragen. Selbst als es an einem Renntag in Strömen regnete und es in höheren Lagen schneite, fuhren noch viele Kiwis in kurzer Montur. Das Wetter verschlechterte sich von Tag zu Tag und es mussten zwei Etappen sogar wegen Schneefall kurzfristig abgeändert werden.
Die beiden einheimischen Biker mussten besonders in der Königsetappe über 112 Km leiden. Sebastian hatte bereits nach 15 Kilometern Magenprobleme und musste sich mehrmals übergeben. Da man als Team aber nie mehr als zwei Minuten auseinander liegen durfte, lag es nun auch an Peter, seinem Teamkollegen zu helfen und für genügend Windschatten zu sorgen. Sebastian kämpfte sich beeindruckend durch die mörderische Etappe und konnte das Tief durchstehen. Auf einer weiteren Etappe musste man leider einen fürchterlichen Unfall einer Spitzenfahrerin eines Mixed Teams miterleben. Es war Ehrensache, dass man erste Hilfe leistet und schaut, dass medizinische Hilfe kommt. Die Fahrerin stürzte an einer Felswand rund 15 Meter kopfvoran in die Tiefe. Wie durch ein Wunder erlitt die Fahrerin nur einen Armbruch und heftige Prellungen. Die Fahrerin hatte unglaubliches Glück, das Rennen und die Serie war für das Team jedoch gelaufen. Man verlor dadurch einiges an Zeit, was jedoch in einem solchen Moment völlig in den Hintergrund rückt.
Leider war die Organisation des Events nicht immer über alle Zweifel erhaben. Man wohnte während den Etappen in einem Wohnmobil, welches vom Organisator bei einer Etappenverschiebung jeweils an den neuen Zielort gefahren wird. Dies klappte leider zweimal nicht wunschgemäss und der Camper ging beim Abfahrtsort vergessen. Das bedeutete, dass man nach Etappenende den Camper selber holen musste, was über vier Stunden ermüdendes Autofahren bedeutete. Ein zweites Mal musste nach Etappenende bei Eiseskälte und Regen über drei Stunden auf den Camper gewartet werden. Für die schnelle Regeration war das sicher nicht optimal.
Doch alle Strapazen waren im Rennen selber wieder schnell vergessen. Zu schön waren die einzelnen Etappen. Man fuhr durch die abgelegensten Täler, mal wieder durch einen Wald wie im Märchen, dann wieder auf einem endlosen Farmtrack durch die unberührte Natur Neuseelands. Die Abfahrten waren teils episch, mit traumhaften Singletrails gespickt, welche puren Fahrspass boten. Bekanntlich gibt es in Neuseeland viele Flüsse. Einige davon musste man im Rennen hüfttief im eiskalten Wasser überqueren und man war froh, wenn man das andere Ufer unbeschadet erreichen konnte. Auch die Mountainbikes wurden arg strapaziert. Denn durch den vielen Staub und Sand litten besonders die vielen Lager am Mountainbike stark an Verschleiss, was man teils gut hören konnte. Ein Kiwi meinte dazu: „Like a pepper-grinder“!
Die beiden einheimischen Mountainbiker musste häufig an Ihre Grenzen gehen, konnten aber auf den letzten drei Etappen noch viele Ränge gutmachen. Man konnte sogar die Auszeichnung „Biggest Movers“ entgegennehmen, eine Auszeichnung für das Team mit den meisten Rangverbesserungen im Ranking. Am Schluss konnte man auf dem tollen 22. Platz klassieren. Sichtlich müde und gezeichnet durfte man stolz die Finisher Medaille in Queenstown in Empfang nehmen. Es war ein richtiges Mountainbike Abenteuer mit allen Facetten. Und selbst das Iron Bike war ein wenig in Neuseeland vertreten, fuhr man doch teils mit Iron Bike Bidons die Rennwoche durch.
1. Bild: Peter Meier (vorne) und Sebastian Kälin unterwegs in der Wildnis von Neuseeland
2. Bild: Glückliche Gesichter bei der Zieleinfahrt in Queenstown